Jedes Jahr am ersten Augustwochenende finden irgendwo in Schweden die „Tollar Specialen“ statt, eine mehrtägige Veranstaltung des schwedischen Tollerclubs, mit Tollingprüfungen (mit Wild), Working Test (mit Dummies), Agility, Obedience und einer inoffiziellen Show, bei der in der Regel um die 500 Toller ausgestellt werden.
2014 durfte ich schon einmal mit Elmo dabei sein – damals bin ich mit ihm als Anhängsel im Wohnmobil von Claudia und Stefan mitgereist. In diesem Jahr bin ich selbst gefahren und habe die ganze Strecke von München bis zum diesjährigen Veranstaltungsort nach Karlsborg allein zurückgelegt. Was sind schon >1200 km einfache Strecke?
Am 2. August ging’s los. Während ich eine unglaubliche Menge an Reisegepäck und Campingequipment (von dem ich natürlich maximal die Hälfte überhaupt gebraucht habe) ins Auto einlud, tauchte Elmo mit seinem „Gepäck“ am Gartentor auf:
Der lila Plüschball durfte natürlich mit.
Die erste Etappe ging von München nach Rostock – ein bisschen Respekt hatte ich vor der langen Fahrt ja schon, aber das sollte völlig unbegründet sein. Ich plante für die knapp 800 km reichlich Zeit ein, um ausgiebig Pausen machen zu können. Die erste verbrachte ich gleich mal in einem Bayreuther Einkaufszentrum um mir eine Regenjacke zu kaufen – meine hing nämlich zu Hause an der Garderobe (war mir dann eingefallen, als es nach 1 Stunde Fahrt zu regnen anfing). Eine Gassipause gab es noch bei Schleiz in Thüringen und schließlich kamen wir sehr zeitig in Rostock an, so dass wir noch Zeit für einen ausgiebigen Abendspaziergang entlang der Warnow hatten.

Vor der „Skyline“ von Rostock

Schwimmen muss sein!

Zeit genug, den Sonnenuntergang zu genießen
Danach ging’s auf die Fähre „Tom Sawyer“, die uns über Nacht nach Trelleborg brachte.

Auf der „Tom Sawyer“

Der Fährenprofi in der Kabine
Früh morgens um 5:45 Uhr erreichten wir den Hafen von Trelleborg. Zum Wachwerden gingen wir dann erst mal am noch menschenleeren Strand von Skånör ausgiebig Gassi, bevor wir die Weiterfahrt nach Norden antraten.

Sonnenaufgang im Hafen von Trelleborg

Morgens um 6 am Strand von Skånör.
Der Vorteil am Alleinreisen ist, man kann machen was man will. Und das sollte ich während der ganzen Reise so richtig genießen lernen. So legten wir eine weitere Pause in Landskrona ein und schauten uns dort die Zitadelle an.

Zitadelle von Landskrona
Mittags machten wir dann Pause in Hyssna – südöstlich von Göteborg bei Miriam, die früher in München gewohnt hat und nach Schweden ausgewandert ist. Danke für eure Gastfreundschaft, war schön euch wiederzusehen!
Von dort waren es nur noch 2 1/2 Stunden Landstraße bis nach Karlsborg. Auf dem Weg dorthin gab’s noch einen Zwischenstop an den Megalithengräbern von Karlesby bei Falköping – geschätzt 4500 Jahre alt.
Am späten Nachmittag kamen wir dann an unserem Ziel, dem Campingplatz „Kalsborg Camping“, an. Der Platz liegt direkt am Ufer des Bottensjön. An der Rezeption wurde ich erst mal darauf hingewiesen, dass ich meinen Platz erst ab dem Folgetag reserviert hatte. War irgendwie lange her mit der Reservierung… das mit dem Camping muss ich wohl noch mal üben. Aber zum Glück hatten sie noch ein Plätzchen für mein Zelt frei, musste dann am nächsten Tag noch mal auf den endgültigen Stellplatz umziehen…
In der Nacht konnte ich mein Zelt erst mal ausgiebig auf Wasserdichtigkeit prüfen. Es schüttete ausgiebig. Zum Glück blieb alles dicht und morgens war es trocken, so dass wir den Tag erstmal mit einem ausgiebigen Spaziergang, direkt vom Campingplatz aus – immer am Ufer des Bottensjön entlang, beginnen konnten. Toll fand ich, dass das Ufer überall begehbar ist, und nicht wie in Deutschland die „Großkopferten“ (wie man in Bayern sagt) ihre Villengrundstücke bis ans Seeufer bauen. Auf den gut 1 1/2 Stunden Spaziergang begegnete mir fast niemand. Etwas was sich wie ein roter Faden durch meinen Schwedenaufenthalt ziehen sollte – und das obwohl die Gegend zwischen Vännern und Vättern eine der beliebtesten Ferienregionen in Schweden ist und Anfang August noch zur Hauptsaison zählt.

Angekommen in Schweden

Am Ufer des Bottensjön
Mir kam ja der Bottensjön schon groß vor – aber beim Blick auf die Karte sieht er im Vergleich mit dem Vättern (der fast viermal so groß wie der Bodensee ist) echt winzig aus.
Danach war der Hund erst mal zufrieden und ich hatte Zeit für ein ausgiebiges Frühstück. Der Großstädter kocht das Wasser für seinen Tee standesgemäß auf dem Elektro-Induktionsfeld 😀
Den Rest des Vormittags verbrachte ich erst mal mit Einrichten (dann auf dem endgültigen Stellplatz) und mit dem Trimmen des Hundes.

2-Zelte-Luxus-Camping mit Schlaf- und Wohnzimmer
Nachmittags folgte ein Spaziergang zur Festung von Karlsborg, diesmal am Ufer des Vättern entlang, mit ein paar ausgiebigen Wasser-Einlagen (für den Hund auch von unten, für mich ausschließlich von oben).

Am Ufer des Vättern (bei noch schönem Wetter)
Bildserie Dock Diving… er kam, sah, sprang und machte PLATSCH 😀

Vor der Festung in Karlsborg

Am Strand des Vättern
In der Zwischenzeit hatte sich der Campingplatz mit einigen bekannten Gesichtern und vielen roten Hunden gefüllt, so wir abends gemütlich zusammen gegessen haben und dabei gefachsimpelt haben. Es war einfach schön, mal wieder so viele Toller-Verrückte zu treffen!
Am nächsten Tag, dem Freitag, gingen die Specialen richtig los. Ich schaute zunächst ein bisschen beim Working Test zu, aber leider konnte man auch auf dem Parkplatz die Schüsse hören, wodurch Elmo ziemlich stark beeindruckt war. Ich fuhr dann also bald wieder, Elmo durfte sein Trauma mit „Hydrotherapie“ (ausgiebigem Schwimmen) bekämpfen und war auch wieder gleich der Alte. Anschließend schauten wir uns die Schleuse des Götakanals in Forsvik an und ich aß im sehr empfehlenswerten Café & Mat direkt daneben zu mittag.

Der Götakanal verbindet die großen Seen Schwedens miteinander

Schleuse in Forsvik

Schleuse in Forsvik

Im Garten des Café & Mat in Forsvik – Idylle unterm Apfelbaum

Leckerer Saibling aus der Region und schwedischer Kartoffelsalat

Auch drinnen ist das Café sehr schnuckelig
Nachmittags war dann das Toller-exklusive Agility-Turnier mit knapp 40 Startern. Beide Läufe waren ein Open, sprich es gab keine Einteilung in Leistungsklassen.
Es gab 2 schöne Parcoure und im Jumping (in Schweden „Hopp Class“) blieben wir fehlerfrei (wie einige andere auch, daher nur 11. Platz). Im A-Lauf bereitete uns der Slalom arge Probleme – gleich 2x fädelte Elmo an der vorletzten Stange aus. Das war bei einigen Hunden zu sehen, so richtig nachvollziehen konnte ich es nicht, warum… In Schweden muss der Slalom bei einem solchen Fehler dann von vorn begonnen werden, was natürlich wahnsinnig viel Zeit kostet, so dass wir am Ende auch noch Zeitfehler bekamen und in der Platzierung weit hinten lagen. In der Gesamtwertung belegten wir am Ende dann den 12. Platz. Hauptziel erfüllt: wir hatten jede Menge Spaß – auch dank der vielen anwesenden Elmo-Fans 🙂
Den Samstag nutzte ich, um bei den Tolling-Prüfungen zuzusehen. Elmo durfte auf dem Parkplatz im Auto bleiben, von wo diesmal dank der Lage in einer Senke keine Schüsse zu hören waren. Er lag entspannt im offenen Kofferraum und beobachtete den Trubel um ihn herum – oder verpennte ihn einfach in Seitenlage. Ich muss immer noch drüber schmunzeln, dass ich von der Schwedin, die das Auto neben mir geparkt hatte und dort mehrfach ihre Hunde ein- und auslud, auf seine absolut entspannte Haltung angesprochen wurde – sie wollte wissen, wer er ist und ob er schon mal gedeckt hatte. Andere beeindrucken mit Arbeitsleistungen, Elmo offenbar mit Schlafen 😀
Die Tolling-Prüfungen waren sehr spannend und ich konnte einige Prüfungen der verschiedenen Leistungsklassen beobachten. Immer wieder schön zu sehen, für was unsere Hunde eigentlich gezüchtet sind und mit welchem Eifer sie diese Arbeit erledigen.
Am Sonntag war dann die große – wenngleich inoffizielle – Show. In insgesamt 5 Ringen wurden über 400 Hunde gerichtet, vom Welpen bis zum Senior. Sogar eine Klasse für Hunde mit zuchtausschließenden Fehlern (z.B. zu viel weiß) gibt es dort, so dass wirklich jeder mitmachen kann.
Elmo startete mit 15 anderen Rüden in der Champion-Klasse, wo wir allerdings nicht in die nähere Auswahl für einen Honor Price kamen (was ich allerdings auch nicht erwartet hatte) – ich nahm’s olympisch: Dabeisein ist alles!
Ich liebe meinen Rotschopf auch mit den ihm im Richterbericht bescheinigten großen Füßen:
Das gute am frühen Ausscheiden ist, dass man dann erst mal wieder Zeit hat, ausgiebig spazieren zu gehen und zu schwimmen. Wieder musste man eigentlich nur ein paar Schritte vom Trubel weggehen und schon war man irgendwo auf einsamen, wunderschönen Wegen unterwegs.

Das Tollerparadies in Forsvik am Götakanal

Schwedischer Badestrand an einem Sonntag Mittag im August – bei immerhin 21 °C und Sonne! Wir genossen die Einsamkeit!
Nachmittags schauten wir dann die Entscheidungen im Ehrenring der Show noch bis zum Ende, es wurden die besten Hunde jeder Klasse, die beste Nachzuchtgruppe und Zuchtgruppe, sowie der Junior-Tollarmaster und Tollarmaster (eine Kombiwertung aus Tollingprüfung und Show) und schließlich der beste Hund der Show gewählt.
Danach hieß es Abschiednehmen von den anderen tollerverrückten Schwedenreisenden (Danke, es war schön mit euch!) und ich fuhr mit Sack und Pack noch ca. 30 min nach Norden um die Nacht auf einem Campingplatz (Stenkällegården) in der Nähe des Tiveden Nationalparks zu verbringen. Ein wirklich schöner Platz, der terassenartig oberhalb eines kleinen Sees gelegen ist. Sehr zu empfehlen! Schade, dass ich dort nur 1 Nacht war!
Der Montag war mein Rückreisetag, spätabends ging die Fähre von Trelleborg zurück nach Rostock. Da wollte ich den Vormittag noch mit möglichst viel Bewegung verbringen. Gleich morgens machten Elmo und ich uns auf in den Tiveden Nationalpark um dort ausgiebig zu wandern. Der Park bietet verschiedene – bestens ausgeschilderte Touren – unterschiedlicher Länge und Zeitbedarf an. Ich wählte zunächst die etwas weniger begangene, aber lange blaue Route um dann am Ende an einem Kreuzungspunkt auf die beliebte rote Trollkyrka-Tour zu wechseln.

„Blaue Tour“ – Oxogabergsrundan
Der Tiveden ist ein felsiges und fast schon urwaldartiges Gebiet. Die Routen führen ausschließlich auf schmalen, von Wurzeln und blankem Felsen durchzogenen Pfaden durch Wälder und entlang kleiner Seen. Die letzte Eiszeit hat dort teils bizarre Felsformationen hinterlassen und überall große Findlinge in die Landschaft gestreut. Die Wege sind durchaus herausfordernd, und – obwohl es natürlich kein Gebirge ist – legt man einige Höhenmeter zurück, da es im Prinzip ständig bergauf auf kleinere Felsen und wieder bergab in kleine Schluchten geht. Trittsicherheit ist auf jeden Fall erforderlich. Für Hunde besteht eigentlich Leinenpflicht, da ich aber in den ersten 2 Stunden unserer Tour wirklich niemand begegnete, wagte ich es, Elmo frei laufen zu lassen, erst später kamen mir auf der Trollkyrka-Runde oft andere Wanderer entgegen und Elmo blieb an der Flexileine – was in den etwas anspruchsvolleren Abschnitten durchaus einer guten Absprache zwischen mir und ihm erforderte (Zug auf der Leine, wenn man gerade versucht seine Füße auf rutschigem Untergrund mit ordentlichem Gefälle sehr punktgenau zu setzen, ist äußerst kontraproduktiv…).
Am Ende waren wir für fast 10 km über 3 1/2 Stunden unterwegs – und jeden Schritt haben wir genossen.
Ein paar Eindrücke der Tour:
Zufrieden stiegen wir dann mittags ins Auto und die etwa 450 km Strecke bis Trelleborg war dann mit Pausen in Jonköping, Helsingborg und Malmö gut zu schaffen und wir waren pünktlich zum Einschiffen auf die „Tom Sawyer“ in Trelleborg.

Pause am Hundestrand in Helsingborg. Windstärke 6 – die Frisur sitzt 😀
Frühmorgens wurden wir von der Sonne in Rostock begrüßt.
In der Mecklenburgischen Seenplatte suchten wir uns eine schöne Strecke für einen Morgenspaziergang bei Kuchelmiß.

Morgendliches Bad in der Nebel
Von da aus ging’s ziemlich direkt nach Hause. Nachmittags, genau 1 Woche nach der Abreise, waren wir wieder zurück in München. Nach insgesamt 2675 gefahrenen Kilometern.
Und es bleiben 2 Erkenntnisse:
- Auch wenn wir ja scheinbar so erfolglos waren bei den Specialen – für mich ist mein Hund wieder klarer Sieger: wie er einfach jeden Quatsch mitmacht und dabei sämtliche Herzen für sich gewinnt fasziniert mich immer wieder. Freundlich mit allen Menschen, egal ob auf dem Deck der Fähre oder mit den Nachbarskindern auf dem Campingplatz. Entspannt in Seitenlage schlafen im Zelt bei Starkregen und Windböen oder im Auto auf einem trubeligen Parkplatz voller Hunde bei geöffnetem Kofferraum. Geduldig im Café am Tisch warten, bis das Frauchen wieder an den Tisch zurückkehrt und sich dabei von amerikanischen Touristen ablichten lassen. Begeisterter Begleiter, ob auf einsamen Pfaden oder gut besuchten Touri-Attraktionen und mit oder ohne Leine. Er macht einfach Spaß!
- Der Weg ist das Ziel! Und: Ich würd’s wieder tun!